Bildungsangebote

Das auf dem Bückeberg in Emmerthal bei Hameln von 1933 bis 1937 jährlich veranstaltete „Reichserntedankfest“ gehörte zu den größten Massenveranstaltungen des Nationalsozialismus.

Am historischen Ort wird seit November 2021 in einer über die Fläche verteilten Dauerausstellung gezeigt, wie die Massenveranstaltungen der NS-Propaganda dazu dienten, medial verwertbare Bilder einer „Volksgemeinschaft“ zu inszenieren, die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben und die Deutschen auf den Krieg vorzubereiten.

Der Bückeberg selbst ist dabei das wichtigste Exponat. Die massiven Baumaßnahmen zur Gestaltung des Hangs zum Platz der „Reichserntedankfeste“, die auch Ausdruck der historischen Bedeutung des Geländes sind, und die Rolle der umgebenden Landschaft für die Inszenierung werden am authentischen Ort nachvollziehbar.

Die Veranstaltung war auch eine mediale Inszenierung. Hier sollten die Bilder vom Jubel der Massen und ihrer Verehrung für Adolf Hitler entstehen, welche die Propaganda anschließend in Deutschland und der Welt verbreitete. Auf einigen Informationsinseln wird daher gezielt auf die Konstruktion und die Wirkungsweise von Propagandaaufnahmen eingegangen.

Zur Ausstellung gehören im oberen, barrierearmen Bereich eine Kurzfassung der im Gelände verteilten Inhalte, ein Tastmodell und Tafeln in leichter Sprache. Über QR-Codes können historische Filmaufnahmen und eingesprochen Auszüge historischer Quellen oder aus Zeitzeug_inneninterviews abgerufen werden.

Infotafel Bückeberg

Fotograf: Bernhard Gelderblom

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Der Dokumentations- und Lernort Bückeberg richtet sich an Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren. Für Besucher_innengruppen werden Führungen durch die Ausstellung angeboten. Die Termine können frei vereinbart werden (s. Kontakt). Zur Vor- und Nachbereitung der Besuche von Schulklassen werden Handreichungen für den Unterricht erstellt.  Zusätzlich finden regelmäßig offene Führungen statt.

Das Gelände ist frei zugänglich und kann alternativ auch eigenständig erschlossen werden. Darüber hinaus werden öffentliche Veranstaltungen wie Lesungen oder Vorträge angeboten.

Historischer Ort

Auf dem Hang des Bückebergs veranstaltete der NS-Staat von 1933 bis 1937 das so genannte „Reichserntedankfest“ mit vielen hunderttausenden Teilnehmenden. Die Bedeutung der Veranstaltung war vergleichbar mit den „Reichsparteitagen“ in Nürnberg und den Aufmärschen der Nationalsozialisten zum 1. Mai in Berlin.

Das Areal wurde dafür in jahrelanger Arbeit planiert, die riesige Fläche zu den Rändern hin leicht angehoben und in der Mitte ein erhöhter Weg angelegt, der zwei Tribünen miteinander verband, eine am Fuß des Hanges, die andere oben. Diese Gestalt des Geländes hat sich bis heute weitgehend erhalten.

Die Anlage des Platzes war so gestaltet, dass Hitler, während er auf dem Mittelweg zwischen den Menschenmassen herauf- und wieder herunterging, ein „Bad in der Menge“ nehmen konnte.

Bei den Veranstaltungen sollten sich die Menschen als Teil der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft erleben. Viele erlebten das Aufgehen in einer gleichgeschalteten Masse wie einen Rausch. Gemeinsam konnten sie ihre Zustimmung zum „Führer“ zum Ausdruck bringen, ließen sich auf ihn einschwören und trugen damit zur Festigung des Regimes bei.

Im Widerspruch zum bäuerlichen oder christlichen Erntedank, an den das „Reichserntedankfest“ am Bückeberg anknüpfte, nahm das Militär im Programm der Veranstaltung einen großen Raum ein. Die Demonstration der Zerstörungskraft der vorgeführten Panzer und Flugzeuge diente der Einstimmung auf den Krieg. Es handelte sich bei den Massenversammlungen auf dem Bückeberg nicht, wie die Veranstalter vorgaben, um ein „fröhliches Volksfest in der freien Natur“, sondern um eine streng dirigierte Kundgebung.

Die „Reichserntedankfeste“ trugen wesentlich dazu bei, die Bindung der Bevölkerung an das NS-Regime und die Person Adolf Hitler zu stärken. Massenveranstaltungen für die Mitglieder der „Volksgemeinschaft“ stützten ein System des Terrors, das auf Ausgrenzung bis zum millionenfachen Mord beruhte. An Orten wie dem Bückeberg wurde die Begeisterung geschürt, die viele Menschen dazu brachte, Hitler und seinem Regime bis in Verbrechen zu folgen.

Berg

Fotograf: Bernhard Gelderblom

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Nach Kriegsende waren wesentliche Einrichtungen des Platzes noch vorhanden: die Fundamente der beiden Tribünen, der Mittelweg und die Treppen an der Ost- und Westseite. Vor dem Hintergrund der schlechten Versorgungslage gestattete die britische Militärregierung bereits 1945, den unteren Teil als Ackerland zu nutzen. Die Hangfläche konnte wegen ihrer schlechten Bodenqualität dagegen nur als Weideland genutzt werden.

Alles Verwertbare wie Elektrokabel und die Wasserleitung „verschwand“ in den Nachkriegsjahren. Der Mittelweg und die Fundamente der oberen Tribüne blieben jedoch erhalten. Sie hätten nur mit größtem Aufwand entfernt werden können, störten aber die Nutzung als Weideland nicht. So blieb die historische Gestalt des Kundgebungsplatzes weitgehend bestehen.

Dokumentations- und Lernort

Nach dem Krieg blieb den Menschen in den Dörfern um den Bückeberg die Veranstaltung als fröhliches Fest mit bunten Trachten in Erinnerung. Viele machten sich nicht klar, dass der Bückeberg Schauplatz einer NS-Propaganda-Massenveranstaltung gewesen war und einen hohen Beitrag zur Etablierung der NS-Volksgemeinschaft und zur psychologischen Kriegsvorbereitung geleistet hatte. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Veranstaltung und der eigenen Beteiligung daran blieb aus.

Das „Reichserntedankfest“ ist auch von der historischen Forschung lange vernachlässigt worden. Als vorgebliches Erntedankfest wirkte es vordergründig wenig politisch. Auch der Kundgebungsplatz war so naturnah gestaltet, dass er auf den ersten Blick „unverdächtig“ wirkte.

In der Folgezeit gab es Überlegungen, auf der Bergeshöhe einen Kiosk oder eine Klinik „mit Fernsicht“ zu bauen. Sie wurden jedoch nicht weiterverfolgt. In den 1980er-Jahren genehmigte die Gemeinde den Bau von Wohnhäusern im westlichen Abhang des Bückebergs, in den 1990er Jahren auch auf dem Terrain des ehemaligen Kundgebungsplatzes. Auffällige Spuren wie die Betonfundamente im Bereich der oberen Tribüne und der östliche Steilhang wurden mit Büschen und Bäumen bepflanzt. So trugen bauliche und gärtnerische Maßnahmen zu einem von Manchen gewünschten „Verschwinden“ und Vergessen des historischen Ortes bei.

Seit den späten 1990er Jahren rückte der Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom das Thema „Reichserntedankfeste“ mit einer Wanderausstellung, Vorträgen und Publikationen in den Blickpunkt von Fachwelt und Öffentlichkeit. Dadurch konnte das Land Niedersachsen dazu bewegt werden, den historischen Ort 2011 als Bau- und Kulturdenkmal unter Schutz zu stellen.

Berg Infotafeln Nationalsozislismus

Fotograf: Berthold Weidner

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Mit Unterstützung der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und des Landkreises Hameln-Pyrmont entwickelte ein Projektteam des Hamelner Vereins für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln e.V. unter Leitung von Bernhard Gelderblom seit 2016 ein Konzept für ein Informationssystem auf dem Bückeberg und initiierte dazu einen Gestaltungswettbewerb.

Ende 2018 gründeten der Landkreis Hameln-Pyrmont und der Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln e.V. eine gemeinnützige GmbH zur Realisierung eines Dokumentations- und Lernortes. Seit Abschluss der Baumaßnahmen im November 2021 bietet die installierte Dauerausstellung Informationen zur Geschichte und zur Bedeutung des Geländes.

Kontakt und Hinweise

Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Termins für eine Begleitung durch die Dauerausstellung wenden Sie sich bitte an die

Dokumentations- und Lernort Bückeberg gGmbH
E-Mail: kontakt@bueckeberg-ggmbh.de
Telefon: 05151/948251
www.bueckeberg-ggmbh.de

Der Teilnahmebeitrag bei einer Führung beträgt vier Euro pro Person, zwei Euro ermäßigt (Schüler_innen und Studierende) oder pauschal 50 Euro pro Gruppe. Besuche im Rahmen einer schulischen oder außerschulischen Bildungsmaßnahme können von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten mit einem Zuschuss i. H. v. bis zu 50 Prozent der Fahrtkosten gefördert werden. Antrag und weitere Informationen hier.

Auf unserer Homepage finden Sie die Termine der regelmäßigen offenen Führungen. Diese dauern ca. 90 Minuten und eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

Anreise

Der Dokumentations- und Lernort Bückeberg befindet sich in 31860 Emmerthal Ortsteil Hagenohsen.

Bei Anreise mit dem ÖPNV oder mit dem Rad bietet sich der Zugang Nord (unten) an. Den Standort des Fahrradstellplatzes, an dem Sie Ihr Rad sicher anschließen und eine E-Bike-Ladestation nutzen können, finden Sie hier.

Beachten Sie bei der Anreise mit PKW oder Reisebus bitte die Parkplatzausschilderung und nutzen Sie die Zufahrt zum Zugang Süd (oben) über die K50 aus Richtung Latferde.

Berg Nationalsozialismus Drohne

Foto: kerck+partner landschaftsarchitekten