Historischer Ort

In der Nähe von Nienburg/Weser entstand zwischen den Ortschaften Liebenau und Steyerberg ab Sommer 1939 der Rüstungskomplex der Pulverfabrik Liebenau. Für die Schiesspulverproduktion liess das Oberkommando des Heeres (OKH) auf einer Waldfläche von 12 Quadratkilometern fast 400 getarnte Produktionsgebäude errichten. Zusätzlich entstanden außerhalb des Werksgeländes acht Stein- und Barackenlager als Wohnunterkünfte. Bis 1945 setzte die Firma „Eibia GmbH“ circa 20.000 Fremd- und Zwangsarbeiter_innen aus den verschiedensten europäischen Nationen ein. Über 2.000 von ihnen – in der Mehrzahl sowjetische Kriegsgefangene sowie osteuropäische Häftlinge des „Arbeitserziehungslagers Liebenau“ – starben an Mangelerkrankungen, Hunger und Schlägen sowie durch Erschießungen und Hinrichtungen.

Gedenk- und Bildungsstätte

Das Gelände der ehemaligen Pulverfabrik Liebenau wurde bis Mitte der 1990er Jahre militärisch genutzt. Das Betreten für Unbefugte blieb verboten. Dies trug maßgeblich dazu bei, dass die Geschichte des Ortes in den Nachkriegsjahrzehnten weitgehend in Vergessenheit geriet. Verstärkte Anfragen nach Nachweisen und Dokumenten sowie erste Besuche ehemaliger Zwangsarbeiter_innen, die vor Ort nachhaltige Resonanz hinterließen, führten 1999 zur Gründung des Vereins »Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V.«. Dessen erklärtes Ziel war unter anderem, eine dauerhafte Dokumentations- und Bildungsstätte zu etablieren. Die Recherchen zur NS-Zwangsarbeit in der Pulverfabrik mündeten in erste Publikationen, Ausstellungen sowie Internet -und Vortragsangebote. Schwerpunkte bilden bis heute die Betreuung von ehemaligen Zwangsarbeiter_innen und ihren Nachkommen sowie die integrativ und international ausgerichtete Jugendbildungsarbeit.

Im November 2023 wurde die Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau direkt auf dem Gelände des ehemaligen „Arbeitserziehungslagers“ eröffnet. Die Dauerausstellung „Zwangsarbeit für den Krieg. Die Pulverfabrik Liebenau 1939-1945“ informiert interessierte Besucher_innen über das Schicksal der Fremd- und Zwangsarbeiter_innen, die in der Pulverproduktion eingesetzt wurden.

Gebäude Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau

In diesem Gebäudetrakt der Liebenauer Schule entstand die Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau als Dokumentations- und internationaler Begegnungsort. Die Lehranstalt wurde in den 1960er Jahren auf dem Standort des ehemaligen „Arbeitserziehungslagers Liebenau“ (1940 bis 1943) der Gestapo Hannover errichtet. Foto: Thomas Kemnitz, Berlin

Bildungsarbeit

Ein Kernangebot stellen die regelmäßigen Führungen in der Dauerausstellung und Informationsfahrten auf dem Gelände der ehemaligen Pulverfabrik, bei den Standorten der ehemaligen Wohnlager der Rüstungsanlage sowie über den Begräbnisort der Opfer der Pulverfabrik – der heutigen Kriegsgräberstätte Deblinghausen-Hesterberg – dar.

Internationale Kooperationsprojekte mit Schul- und Jugendgruppen sowie wissenschaftlichen Partnerorganisationen (zuletzt Polen, Ukraine und Belarus) bilden einen weiteren Schwerpunkt.

Workshops und Projektwochen werden für unterschiedliche Adressatengruppen ausgerichtet. Der integrative Ansatz berücksichtigt dabei die Bedürfnisse von Menschen mit Lernschwierigkeiten, sozialen Auffälligkeiten oder einer Behinderung.

Älterer Mann mit Jugendlichen

Internationaler Jugendaustausch 2015: Zeitzeugenbericht des ehemaligen Zwangsarbeiters und KZ-Häftlings Karl Payuk aus der Ukraine. Foto: Sebastian Schönfeld, 15 Jahre, © Dokumentationsstelle Pulverfabrk Liebenau

Öffnungszeiten & Kontakt

  • Verwaltung, Archiv, Bibliothek: Dienstag bis Freitags 10-16 Uhr. Feiertags geschlossen.
  • Gedenkstätte und Dauerausstellung für Einzelbesucher und Gruppen: Dienstag bis Donnerstag und am 1. Sonntag im Monat 13-16 Uhr oder nach gesonderter Vereinbarung.
  • Gruppenführungen über das Werksgelände nur nach verbindlicher Voranmeldung und Vereinbarung.

Der Eintritt ist frei. Der Verein „Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau“, Träger der Einrichtung, freut sich über Spenden.

Die Angebote der Gedenk- und Bildungsstätte sind sehr stark nachgefragt. Leider lassen Vereins- und Personalstruktur nicht zu, dass alle Anfragen und Wünsche zeitnah und unmittelbar erfüllt werden können. Für alle Fragen oder die Terminierung einer Führung durch die Dauerausstellung oder über das Gelände der ehemaligen Pulverfabrik sowie die Abstimmung der unterschiedlichen Bildungsangebote empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Mitarbeiter_innen der Gedenkstätte.

Gedenk- und Bildungsstätte Liebenau
Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e.V.
Schulstraße 1
31618 Liebenau
Tel. 05023 – 870 490 0
Email: info@doku-liebenau.de

www.doku-liebenau.de