Bildungsangebote

Themenvielfalt 

Verfolgung, Ausgrenzung, Inhaftierung, Leiden und Sterben in Lagern gab es in der NS-Zeit nicht nur „weit weg“, sondern auch im Nordwesten Deutschlands, nahe der Grenze zu den Niederlanden. Diejenigen, die in den Emslandlagern litten, hier starben oder ihre Befreiung erlebten, in andere Haftstätten oder zurück an die Front verlegt wurden, kamen aus vielen Ländern Europas. Und viele gehörten jahrzehntelang „vergessenen“ Opfergruppen an.

Nicht bloß Verfolgung und Terror, auch Politik, Wirtschaft und Ideologie des Nationalsozialismus, vielfältig sich ergänzende und widersprechende Verknüpfungen zwischen NS-Führungsinstanzen und staatlichen, regionalen und lokalen Behörden, Gewähren lassen und Widerstand der Bevölkerung und nicht zuletzt Unterjochung und Widerstand der Völker Europas lassen sich am Beispiel der Emslandlager eindringlich demonstrieren und exemplarisch erarbeiten.

 

Zielgruppen und Programmvorschläge

Der Besuch der Gedenkstätte im Rahmen eines pädagogischen Programms eignet sich für Klassen aller Schularten ab der sechsten Jahrgangsstufe. Für Schüler_innen, außerschulische Jugend- sowie Erwachsenengruppen werden inhaltlich und sprachlich der jeweiligen Gruppe angepasste Programme angeboten, für die mindestens drei Zeitstunden eingeplant werden sollten. Mit einem einführenden bebilderten Vortrag, der Nachfragen und Diskussionen fordert, wird ein Überblick über die Geschichte der Emslandlager von ihrer Einrichtung 1933 bis zur Auflösung oder Befreiung 1945 gegeben. Für Schulklassen (bis Klasse 10) und Jugendgruppen werden anschließend in der Ausstellung Arbeitsbögen eingesetzt. Aufgabe ist dabei, sich in Zweiergruppen mit jeweils einer Häftlings- oder Gefangenenbiografie zu beschäftigen. Ziel ist es gleichzeitig die in der Ausstellung präsentierten Selbstzeugnisse, Dokumente, Bilder und Videointerviews eigenständig zu entdecken. Abschließend wird das Gelände des ehemaligen Lagers Esterwegen begangen.

Auszubildende und Mitarbeiter_innen niedersächsischer Sparkassen beim Besuch der Gedenkstätte, 25. April 2012. Foto: Stefan Schöning, Stiftung Gedenkstätte Esterwegen

Auszubildende und Mitarbeiter_innen niedersächsischer Sparkassen beim Besuch der Gedenkstätte, 25. April 2012. Foto: Stefan Schöning, Stiftung Gedenkstätte Esterwegen

 

In Tagesseminaren, insbesondere mit Oberstufenklassen und Erwachsenengruppen, wird anhand der Ausstellung zur Nachnutzung der Lager der Umgang mit ihrer Geschichte von 1945 bis 2011 behandelt. Filmische Dokumentationen aus verschiedenen Jahrzehnten, so die von einem Treffen ehemaliger Häftlinge 1955, Wirkungen und Nachwirkungen des Moorsoldatenliedes von seiner Entstehung 1933 bis zur Gegenwart oder die landschaftsarchitektonische Gestaltung des Lagergeländes 2009 – 2011, auf dem neben wenigen freigelegten Bodenfunden keine baulichen Relikte mehr vorhanden sind, bieten hier unterschiedliche Zugänge.

Öffentliche Führungen, Vorträge, Tagesveranstaltungen; Exkursionen zu Lagerfriedhöfen und anderen ehemaligen Lagerorten sowie Seminare, auch in Zusammenarbeit mit anderen Bildungsträgern, gehören zu den weiteren Angeboten.

Historischer Ort

Der preußische Staat ließ 1933 im Emsland acht Konzentrationslager für 10 000 politische „Schutzhäftlinge“ errichten. Tatsächlich genutzt und mit 4 000 Häftlingen belegt wurden ab Sommer 1933 drei Lager: Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum. Die Häftlinge wurden zur Zwangsarbeit bei der Kultivierung der ausgedehnten Moorgebiete eingesetzt.

1934/35 bzw. 1937 (Esterwegen) wurden diese und vier weitere Lager der Reichsjustizverwaltung übergeben und als Strafgefangenenlager genutzt. Acht 1938/39 neu errichtete Lager und eines der vorhandenen übernahm im September 1939 die Wehrmacht und richtete sie als Kriegsgefangenenlager ein.

In den Lagern litten etwa 80 000 KZ-Häftlinge und Strafgefangene, während des Krieges kamen weit mehr als 100 000 Kriegsgefangene hinzu. Mehr als 20 000 Menschen aus verschiedenen europäischen Ländern sind in diesen Lagern umgekommen.

Im April 1945 wurden die Lager aufgelöst oder durch alliierte Truppen, darunter auch exilpolnische Einheiten, befreit. Nach Kriegsende nutzten die Briten Esterwegen als Internierungslager. In den anderen Lagern (und in zahlreichen Ortschaften) wurden bis 1948 zehntausende Displaced Persons, überwiegend Polen, untergebracht.

Postkarte (Zeichnung) des Strafgefangenenlagers Esterwegen Anfang der 1940er Jahre. Zeichner und Datum unbekannt. Stiftung Gedenkstätte Esterwegen

Postkarte (Zeichnung) des Strafgefangenenlagers Esterwegen Anfang der 1940er Jahre.
Zeichner und Datum unbekannt. Stiftung Gedenkstätte Esterwegen

Gedenkstätte

Seit Mitte der 1950er Jahre kamen Überlebende zu selbstorganisierten Treffen in das Emsland. An den ehemaligen Lagerorten erinnerten damals Friedhöfe und vereinzelt bauliche Überreste an die Vergangenheit.

1985 entstand in Papenburg das von einem Verein eingerichtete Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager mit einer Dauerausstellung. Bis zum Umzug nach Esterwegen 2011 als Kooperationspartner der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen wurden hier u.a. Treffen mit Überlebenden organisiert und Bildungsarbeit geleistet.

Als die Bundeswehr in Esterwegen ihr Depot aufgab, das sie seit 1963 auf dem auf dem ehemaligen Lagergelände und in angrenzenden Gebäuden genutzt hatte, übernahm der Landkreis Emsland das Gelände, richtete die Stiftung Gedenkstätte Esterwegen als Trägerin der Einrichtung ein und eröffnete 2011 die Gedenkstätte. Im Besucherzentrum befinden sich die Ausstellung zu den Emslandlagern 1933 – 1945, eine Ausstellung zur Nachgeschichte sowie ein Archiv, eine Bibliothek und Seminarräume. Auf dem ehemaligen Lagergelände wurden nicht mehr sichtbare Teile der Lagertopographie in eine Formensprache übersetzt und die Standorte der früheren Gefangenenbaracken durch „Baumpakete“ visualisiert.

Blick auf die Gedenkstätte Esterwegen mit dem ehemaligen Lagergelände und dem Besucherinformationszentrum (Bildmitte rechts), 4. September 2012. Foto: Stefan Schöning, Stiftung Gedenkstätte Esterwegen

Blick auf die Gedenkstätte Esterwegen mit dem ehemaligen Lagergelände und dem Besucherinformationszentrum (Bildmitte rechts), 4. September 2012. Foto: Stefan Schöning, Stiftung Gedenkstätte Esterwegen

Kontakt

Für den Besuch der Gedenkstätte empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme und Terminabsprache, um das Programm gemeinsam inhaltlich und zeitlich planen und die Interessen der Gruppe berücksichtigen zu können.

 

Anmeldung und Kontakt für pädagogische Angebote

Gedenkstätte Esterwegen
Hinterm Busch 1
26897 Esterwegen

www.gedenkstaette-esterwegen.de