#geschichtenderbefreiung – eine social-Media-Aktion für Gedenkstätten und Initiativen
initiiert durch die KZ-Gedenkstätte Moringen sowie die Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht Osnabrück für die Interessengemeinschaft niedersächsischer Gedenkstätten und Initiativen
Pressemitteilung vom 24.3.2021:
Gedenkstätten und Initiativen erinnern an NS-Verbrechen angesichts aktueller antidemokratischer Positionen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
Aus Anlass des 76. Jahrestages der Befreiung der nationalsozialistischen Haftstätten und Lager findet vom 1. April bis zum 8. Mai 2021 eine bundesweite, sogar internationale Social Media-Kampagne statt. Unter dem Hashtag #geschichtenderbefreiung werden mehr als 40 Teilnehmende auf ihren Social Media-Kanälen Beiträge veröffentlichen. Sie erinnern an die Befreiung der einzelnen Orte, die sowohl Konzentrations-, Kriegsgefangenen- oder Zwangsarbeitslager waren, aber auch Zuchthäuser, Psychiatrien und Strafgefangenenlager sein konnten. Ergänzt werden diese Beiträge durch Statements zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Erinnerungskultur. Die Kampagne ist offen für alle Gedenkstätten, Organisationen und Initiativen, die an die Verbrechen während des Nationalsozialismus erinnern.
Das digitale Projekt ermöglicht eine mediale Form des Gedenkens, die zudem für eine breite Öffentlichkeit zugänglich ist. Obwohl das zweite Jahr in Folge Gedenkstätten und Initiativen aufgrund der durch die Pandemie bedingten Gesundheitskrise gezwungen sind, ihre geplanten Gedenkfeiern zur Befreiung der Lager und Haftstätten ausfallen zu lassen, muss es nicht den Verzicht auf Gedenken und Erinnern bedeuten.
Gerade vor dem Hintergrund gesellschaftspolitischer Herausforderungen treten alle Teilnehmenden gemeinsam demokratie- und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegen. Der gemeinsame Hashtag verknüpft alle Beiträge. So wird ein dichtes Netz zivilgesellschaftlicher Akteure sichtbar, die die Erinnerungskultur prägen und immer wieder neu gestalten. Mit ihrer Arbeit bieten Gedenkstätten und Initiativen in einer Zeit demokratiefeindlicher Ideologien und Gesellschaftsentwürfe einen unersetzlichen Kompass.
Die Posts, die im Rahmen der Social Media-Kampagne veröffentlicht werden, thematisieren, wie die Menschen jene Tage im Frühjahr 1945 erlebten, in denen sie endlich ihre Freiheit zurückerhielten und Terror und Entwürdigung, Entbehrung und Zwangsarbeit ein Ende hatten. Die meisten der Inhaftierten befanden sich zuvor auf langen sogenannten Evakuierungsmärschen. Bei ihrer Befreiung waren sie so geschwächt, dass sie nur schwer den neuen Alltag meistern konnten und manche sogar noch kurz nach der Befreiung an den Folgen der Haft starben. Wer überlebte, war zwar befreit, doch das ganze weitere Leben war von den körperlichen und seelischen Erfahrungen der Verfolgung und Zwangsarbeit oder Haft gezeichnet.
Besonders schwer war für die ehemaligen Häftlinge der nationalsozialistischen Lager auszuhalten, dass ihre Erinnerung in der Nachkriegsgesellschaft der frühen Bundesrepublik weder einen Raum besaß noch gesellschaftliche Wertschätzung erfuhr. Dem Engagement dieser Überlebenden und mancherorts zivilgesellschaftlicher Initiativen ist es verdanken, dass schließlich an den Tatorten nationalsozialistischer Verbrechen eine Auseinandersetzung mit der Geschichte einsetzte und ein Gedenken und Erinnern möglich wurde, welches heute gesellschaftliche Praxis ist.
Der Ablauf der Aktion behandelt die verschiedenen Aspekte des Themas „Befreiung“. Unter #otd (onthisday) werden einzelne tagesaktuelle Ereignisse der Befreiung vorgestellt. Daneben werden wochenweise folgende Themen behandelt: Ausgehend von den Biografien der Menschen, die Opfer von NS-Verbrechen wurden, sowie von Posts zu den dafür Verantwortlichen (#biografien, #verfolgte und #taeterschaft) werden Initiativen und Projekte der Erinnerung vorgestellt (#initiativen). In der dritten Woche folgen Geschichten zu erhaltenen Orten und Objekten der Verfolgung (#historischeorte und #objekte). Den Wandel und die vielfältigen Formen der Erinnerung thematisieren die Teilnehmenden in der Woche vier (#formendererinnerung). Die Schwierigkeiten, mit denen Überlebende nach der Befreiung konfrontiert waren, kommen in der vorletzten Woche zur Sprache (#befreitabernichtfrei). Zum Abschluss geht der Blick in die Zukunft und die vielfältigen Projekte der Teilnehmenden kommen zur Sprache (#zukunftdererinnerung). Die Posts erscheinen auf Facebook, Twitter und Instagram.
Die Kampagne #geschichtenderbefreiung ist eine Initiative der KZ-Gedenkstätte Moringen sowie der Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht für die Interessengemeinschaft niedersächsischer Gedenkstätten und Initiativen zur Erinnerung an die NS-Verbrechen. Die Kampagne #geschichtenderbefreiung möchte die Sichtbarkeit von Gedenkstätten und Initiativen erhöhen.
Dr. Dietmar Sedlaczek
Gedenkstätte Moringen
Dr. Michael Gander
KZ-Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht
Mitglieder im Sprecher*innenrat der Interessengemeinschaft niedersächsischer Gedenkstätten und Initiativen zur Erinnerung an die NS-Verbrechen
Kontakt:
KZ–Gedenkstätte Moringen
info@gedenkstaette-moringen.de
Telefon 05554–2520
Lange Straße 58
37186 Moringen
Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht
info@augustaschacht.de
Telefon 05405-8959270
Zur Hüggelschlucht 4
49205 Hasbergen