Informations- und Dokumentationszentrum der Freilichtbühne „Stedingsehre“ (IDZ)

Das IDZ ist in einem der Häuser des ehemaligen Kulissendorfs untergebracht. Foto: Jörg Uhlenbrock

Historischer Ort

Auf Initiative des NSDAP-Gauleiters Weser-Ems und „Reichsstatthalters in Oldenburg und Bremen“ Carl Röver begann ab 1934 bei Ganderkesee der Bau der „Freilichtbühne Stedingsehre“. Nach Entwürfen des Berliner Filmarchitekten Walter Reimann entstand eine Zuschauerarena mit rund 10.000 Sitzplätzen sowie als Kulisse ein real gebautes „Spieledorf“, das dem Ort Altenesch in der Wesermarsch nachempfunden sein sollte.

Zweck der Anlage war die Heroisierung und ideologische Ausschlachtung des Mythos um den Freiheitskampf der Stedinger Bauern gegen das Erzbistum Bremen (1233/34). Dazu kam das plattdeutsche Volkstheaterstück „De Stedinge“ des von Röver verehrten Oldenburger Heimatdichters August Hinrichs zur Inszenierung. Das Drama schien wie geschaffen, um Zuschauermassen für die nationalsozialistische Blut-und-Boden-Ideologie zu vereinnahmen.

Von 1935 bis 1937 besuchten mehr als 230.000 Zuschauer_innen die insgesamt 20 Aufführungen, deren Beiprogramm immer auch politische Reden im Sinn der nationalsozialistischen Weltanschauung enthielt. Schulen und Vereine organisierten verpflichtende Besuche.

In Gebäuden des Spieledorfs gründete Röver zudem ab 1937 ein Schulungszentrum der NSDAP für den Gau Weser-Ems. Allerdings gelang es ihm nicht, sein Vorhaben im beabsichtigten Umfang umzusetzen. Mit Beginn des 2. Weltkrieges 1939 kam die Fertigstellung der Gauschulungsburg größtenteils zum Erliegen.

Bühne und Spieldorf Stedingsehre 1937. Foto: IDZ Archiv

Bühne und Spieldorf Stedingsehre 1937. Foto: IDZ Archiv

 

Spielszene "De Stedinge". Foto: IDZ Archiv

Spielszene „De Stedinge“. Foto: IDZ Archiv

Informations- und Dokumentationszentrum Stedingsehre (IDZ)

In den Gebäuden des Kulissendorfes fanden ab 1946 die ersten Umschulungsmaßnahmen für Kriegsversehrte statt. Daraus entstand die Landesversehrtenberufsfachschule Weser-Ems, später das Berufsförderungswerk Weser-Ems (BFW) und nachfolgend das Berufsförderungswerk INN-tegrativ gGmbH.

Nachdem das BFW 1992/1993 Erweiterungspläne von Internats- und Unterrichtsgebäuden auf dem Gelände der ehemaligen Freilichtbühne vorstellte, gründeten 1994 engagierten Bürger_innen die Initiative „Interessensgemeinschaft Bookholzberg“ (INBO) mit dem Ziel, diese unter Denkmalschutz stehende Anlage zu erhalten. Aufgrund der Streichung von Förderzusagen durch die Bundesanstalt für Arbeit wurde der Ausbau jedoch 1997 gestoppt.

2005 wurde mit der Gründung des „Arbeitskreis Stedingsehre“ erneut ein Anlauf unternommen, den Ort für die historisch-politische Bildung nutzbar zu machen. Aus diesem AK ging 2011 ein Förderverein hervor, der ein Gebäude des ehemaligen Spieledorfes übernehmen konnte. 2022 schließlich eröffnete unter Trägerschaft des Fördervereins das Informations- und Dokumentationszentrum Stedingsehre (IDZ).

Das IDZ. Foto: Jörg Uhlenbrock

Das IDZ. Foto: Jörg Uhlenbrock

 

Bühne und Spieldorf 2023. Foto: Jörg Uhlenbrock

Bühne und Spieldorf 2023. Foto: Jörg Uhlenbrock

Zielsetzung und Auftrag des IDZ, Bildungsangebote

Hauptaufgabe des IDZ ist die Aufarbeitung und Dokumentation der Geschichte des Ortes sowie deren zeitkritische Vermittlung. Eine Ausstellung informiert über die Geschehnisse: Ihr Herzstück ist ein etwa 20minütiger Film, der die Historie der Freilichtbühne zum Thema hat. Dort erinnern sich unter anderem Zeitzeugen an die Vorführungen von August Hinrichs Stück „De Stedinge“ in den Jahren 1934 bis 1937.

Das IDZ versteht sich als lokaler Geschichts- und Lernort, an dem besonders der jüngeren Generation, speziell in der Nordwestregion, anhand der Geschichte des Orts die Mechanismen politischer Propaganda sowie ein kritisches Geschichtsbewusstsein vermittelt werden soll.

Die Vermittlung wendet sich an interessierte Besucher_innen, an Schüler_innen und Lehrpersonal aller Jahrgangsstufen und Schulformen sowie an die Erwachsenenbildung. Studierende und Historiker erhalten ein Forum für ihre Forschungen.

Das IDZ bietet Führungen nach Absprache.

Blick in die Räume des IDZ. Foto: Jörg Uhlenbrock

Blick in die Räume des IDZ. Foto: Jörg Uhlenbrock

Kontakt

Informations- und Dokumentationszentrum „Stedingsehre“ (IDZ)
Jasminstraße 28
27777 Ganderkesee-Bookholzberg
https://www.geschichtsort-stedingsehre.de

Öffnungszeiten siehe auf der Homepage des IDZ.

Kontakte zu den Gästeführer_innen sowie zum Förderverein sind ebenfalls auf der Homepage des IDZ einsehbar.