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Von Dora bis Kiefer und Tanne – Spurensuche nach der NS-Rüstungsproduktion im Südharz

Vortrag von Dr. Friedhart Knolle, Goslar

Allgemeine Informationen der Veranstaltung

Di, 12. März 2024 - 19:30 Uhr

 

Museum Tabakspeicher
Bäckerstraße 20
99734 Nordhausen

 

Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begannen die ersten Planungen für einen massiven Ausbau der Rüstungsproduktion in Deutschland. Das betraf auch und gerade den Harz, den die Nazi-Strategen als deutschen „Mittelraum“ ansahen, der sicher sei vor alliierten Bombern. Dass das eine Illusion war, stellte sich bald heraus.

Allgemein bekannt ist das ehemals höchst geheime “Mittelwerk” im Kohnstein bei Niedersachswerfen (Thüringen). Es war mit ca. 120.000 qm Fläche 1945 die damals größte unterirdische Rüstungsfabrik der Welt. Nach dem alliierten Angriff auf Peenemünde und die dortige V-Waffenproduktion wurde das Werk 1943 hierher verlegt. Zeitgleich entstand das KZ Mittelbau-Dora. Im Dezember 1943 wurden die ersten Raketen fertiggestellt. Neben den V2-Raketen wurden mit dem Kriegsverlauf auch andere Werke in die Stollen verbracht, so die Junkers-Flugzeugwerke aus Dessau. 1943 waren 108 Häftlinge im KZ Mittelbau-Dora; diese Zahl wuchs bis Ende 1944 auf 34.000 an. Sie mussten hier unter bestialischen Bedingungen arbeiten oder wurden “durch Arbeit vernichtet” – die Zahl der Ermordeten wird auf ca. 20.000 geschätzt. Junkers produzierte auch in der Höhle Heimkehle, wo ein großes Denkmal an diese Zeit erinnert.

Doch das KZ Mittelbau-Dora mit seinen Außenlagern und die Heimkehle waren nicht die einzigen Rüstungsbetriebe im Südharz. Weniger bekannt ist es, dass es allein im Raum Nordhausen – Bleicherode – Ellrich und Umgebung über 60 Rüstungsbetriebe gab.

In Bad Lauterberg befanden sich die Schickert-Werke als Hersteller von Wasserstoffperoxid, das als militärischer Treibstoff eingesetzt wurde, und in Rhumspringe war eine weitere solche Anlage geplant.

Das Schickert-Werk in Bad Lauterberg – ein Kapitel Harzer Rüstungs- und Industriegeschichte

Das Schickert-Werk in Rhumspringe – Karstwasser für den Zweiten Weltkrieg

Beim „Werk Kiefer“ – ein militärischer Tarnname – in Herzberg am Harz (Niedersachsen) besteht bis heute Handlungsbedarf, denn Giftstoffe aus der Sprengstoff-Abfüllung sickern in den Untergrund und belasten das Grundwasser des Pöhlder Beckens. Das Werk liegt am Fuße des berühmten Fachwerkschlosses. Bevor im April 1945 eine verheerende Explosion das Ende der Fabrik besiegelte, wurden dort im Auftrag des Deutschen Reichs unter Verwendung von flüssigem Trinitrotoluol Tellerminen und Granaten gefüllt. Das Gelände ist aus diesem Grund mit einem Zaun abgesperrt, aber der hält die Schadstoffe nicht zurück.

Die Rüstungsaltlast Munitionswerk „Kiefer“ am Pfingstanger in Herzberg am Harz

Ebenfalls von Bedeutung ist die Tatsache, dass die mit ihrem Tarnnamen „Werk Tanne“ bezeichnete TNT-Produktionsstätte in Clausthal-Zellerfeld auch im Südharz bis heute Gifte im Grundwasser hinterlassen hat. Die TNT-Abbauprodukte, die z.T. krebserregend sind, belasten die Umwelt bei Osterode am Harz im Landkreis Göttingen. Sogar im Wasser des 13 Lachter-Stollens bei Wildemann und des Ernst August-Stollens bei Gittelde konnte das Gift aus dem Werk Tanne nachgewiesen werden. Die Abwässer waren so giftig, dass eine Leitung des Werks bis nach Osterode verlief, wo die Giftstoffe einst in Schluckbrunnen bei Petershütte versenkt wurden. Wohin sie von dort unterirdisch flossen, lässt sich an den Brunnen ablesen, die seitdem wegen ihrer Giftbelastung geschlossen wurden – sie liegen entlang der Söse in Osterode, Badenhausen und Eisdorf.

Die „Entsorgung“ der giftigen Abwässer der Sprengstofffabrik „Tanne“ in Clausthal-Zellerfeld. Was geschah bei Osterode-Petershütte?

Der Eintritt ist frei.

Eine Veranstaltung des Nordhäuser Geschichts- und Altertumsverein e.V.