Bildungsangebote
Neben einer Dauerausstellung und entleihbaren Sonderausstellungen bietet die „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg auf dem Gelände der Psychiatrischen Klinik Lüneburg Führungen, Workshops und Seminare für verschiedene Zielgruppen an. Außerdem stehen pädagogisch aufbereitete Materialien zur Verfügung, die ausgeliehen werden können.
Dauerausstellung und Sonderausstellungen
Die Dauerausstellung im ehemaligen Badehaus am Wasserturm (Haus 34) bietet einen Überblick über die verschiedenen „Euthanasie“-Maßnahmen und die Psychiatrie im Nationalsozialismus in Lüneburg und in Niedersachsen.
Derzeit gibt es folgende Sonderausstellungen:
- „Erinnerungsräume“ informiert über Orte, die mit den Verbrechen der „Euthanasie“ in der eigenen Nachbarschaft in Verbindung stehen,
- „´Still, stumpf, beschäftigt mit Kartoffelschälen, verlegt´ – Frauen als Opfer der ‚T4‘“ thematisiert erwachsene Psychiatriepatientinnen, die 1941 mit Kohlenmonoxid ermordet wurden,
- „Zwangssterilisation in Lüneburg und Umgebung“ zwischen 1934 und 1945,
- „Den Opfern ein Gesicht, den Namen wieder geben“ umfasst über zwölf Lebensgeschichten von Kindern, die 1942 aufgrund ihrer Behinderung in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg ermordet wurden,
- „Bildfreiheiten – Künstler in der NS-Psychiatrie“ ist eine Kunstausstellungen über die Künstler Paul Goesch und Gustav Sievers mit Repliken ihrer Werke.
Bildungsmaterialien
Die Gedenkstätte unterhält eine entleihbare MOBILE LERNSTATION (eine durch Schüler_innen editierbare Klappwandausstellung) und das dazugehörige Methoden- und Materialien-Paket „Die Würde des Menschen ist (an-)tastbar“ zu den Themen Kinderrechte, Menschenrechte für Menschen mit Behinderung, Inklusion, Entrechtung von Menschen mit Erkrankungen und Behinderungen sowie „Eugenik“ und „Euthanasie“. Hierzu gehören auch Biografien-Mappen mit Dokumenten-Repliken und archiv- und biografiepädagogische Methoden, die bedarfsgerecht zusammengestellt werden können.
Die Methoden und Materialien sind für alle Menschen mit und ohne Behinderung ab 9 Jahre geeignet, insbesondere für Schüler_innen von Grund-, Förder-, Haupt-, Real-, Ober-, Gesamt- und Berufsschulen sowie Gymnasien. Sie werden auch in Leichter und schülergerechter Sprache sowie in polnischer Übersetzung angeboten. Die Materialien sind bedarfsgerecht zusammenstellbar.
Das kostenfreie Entleihen der MOBILEN LERNSTATION und der Bildungsmaterialien setzt die Teilnahme an einer Multiplikator_innen-Fortbildung voraus.
Workshops und Seminare
Die Gedenkstätte Lüneburg bietet fünf- bis sechsstündige Workshops sowie ein- bis dreitägige Seminare (die Lüneburger Inklusionsschulung an, in denen Menschenrechte, Entrechtungserfahrungen heute und die Geschichte von Menschen mit Behinderungen im Zentrum stehen.
Zielgruppen der Workshops und Seminare sind Schüler_innen ab Klasse 6, Multiplikator_innen, Auszubildende aus der Pflege und Pädagogik, sowie Mitarbeiter_innen aus Pflege, Medizin, Psychiatrie, Behindertenarbeit, Pädagogik, Verwaltung und Justiz.
Begegnungen
Für internationale Gruppen bietet die Gedenkstätte ein Programm für ein- bis mehrtägige deutsch-polnische Begegnungen an. Hierfür liegen die Methoden und Materialien der Gedenkstätte (auch in schülergerechter Sprache) zweisprachig vor.
In einem fünftägigen Multiplikator_innen-Seminar werden Lehrkräfte und Mitarbeiter_innen von Bildungseinrichtungen, Schulen, Gedenkstätten und Museen aus Polen und Deutschland für das Durchführungen eines deutsch-polnischen Austauschs, der historische Orten und Gedenkstätten einbezieht, vorbereitet und geschult. Wir regen eine gemeinsame Teilnahme mit einer/m Vertreter_in der Partnerschule/-organisation an.
Führungen
Besuche von Gruppen sind im Rahmen einer ehrenamtlich betreuten eineinhalb- bis zweistündigen Führung durch die Gedenkstätte, über das Gelände der Psychiatrischen Klinik und zur Gedenkanlage auf dem Friedhof Nordwest in Lüneburg möglich.
Jeden dritten Samstag im Monat (11 – 14 Uhr) bietet die Gedenkstätte offene Führungen „Verbrechen der Eugenik und „Euthanasie“ in Lüneburg“ an. Auf einem Rundgang über das Gelände der heutigen Psychiatrischen Klinik und über den in der Nähe gelegenen ehemaligen Anstaltsfriedhof (den heutigen Friedhof Nord-West), erfahren Besucher_innen an den jeweiligen historischen Orten die historischen Hintergründe und exemplarische Lebensgeschichten der Opfer und Verantwortlichen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Treffpunkt: Ehemaliges Badehaus am Wasserturm (Haus 34).
Kosten
Führungen sind eintritts- und gebührenfrei.
Für fünf bis sechsstündige Workshops ist ein Beitrag von 3,00 € je Teilnehmenden zu entrichten, für die Teilnahme an Seminaren (ein- bis mehrtägig) wird ein Beitrag von 10,00 € pro Teilnehmer/in pro Tag erhoben.
Die Begleitungen der Gruppen sind beitragsfrei.
Spenden sind willkommen.
Weitere Informationen
Umfangreiche Informationen zu den Bildungsangeboten der Gedenkstätte finden sich auf deren Homepage
Historischer Ort
Im Rahmen der „Aktion T4“ wurden 1940/41 mindestens 475 erwachsene Patient_innen der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg wegen Erkrankung oder Behinderung in die Anstalten Hadamar und in Pirna-Sonnenstein deportiert und nahezu alle dort ermordet.
Zudem war die Lüneburger Anstalt die zentrale Sammelstelle für alle Patient_innen ausländischer Herkunft in Norddeutschland. Über 100 Patient_innen starben infolge von Hunger und ausbleibender Behandlung. 1944 wurden über 60 ausländische Patienten in Tötungsstätten deportiert und dort ermordet.
Bereits ab 1943 starben im Rahmen der „dezentralen Euthanasie“ mehr als ein Fünftel aller Patient_innen an Mangel- und Fehlversorgung.
Ab 1941 bis 1945 gab es in Lüneburg eine von reichsweit insgesamt mehr als 30 sogenannten „Kinderfachabteilungen“ in psychiatrischen Anstalten. Von 727 dort aufgenommenen Kindern und Jugendlichen überlebten 425 die „Kinderfachabteilung“ nicht. Mindestens 300 Kinder und Jugendliche wurden vor Ort mit Medikamenten ermordet. Weitere rund 100 Kinder ließen Ärzte und Pflegepersonal verhungern. Die Ärzte, gegen die wegen des Mordes in den späten 1940er und 1960er Jahren Ermittlungen stattfanden, wurden für ihre Taten nicht verurteilt.
Gedenkstätte
Die „Euthanasie“-Gedenkstätte in Lüneburg befindet sich auf dem Gelände der Psychiatrischen Klinik und ist dort an zwei Standorten präsent:
- Im ehemaligen Badehaus am Wasserturm, wo die Dauerausstellung gezeigt wird und
- im alten Gärtnerhaus, das 2020 als Bildungszentrum ausgebaut wurde. Es ist barrierefrei und bietet Platz für bis zu 30 Teilnehmende.
Die Gedenkstätte wurde 2004 durch den Psychosozialen Verein e.V. und die Geschichtswerkstatt Lüneburg e.V. ins Leben gerufen. Seit 2015 ist die Gedenkstätte in der Trägerschaft des Vereins „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg e.V. Mit dem Trägerwechsel ist die Professionalisierung und Neugestaltung der Gedenkstätte verbunden. Die erste Teilmaßnahme der Neugestaltung wurde mit der Eröffnung des Bildungszentrums im alten Gärtnerhaus im August 2020 abgeschlossen. Bis 2023 entsteht im ehemaligen Badehaus zudem ein Dokumentationszentrum mit neuer Dauerausstellung.
Neben Konzeption und Durchführung von Bildungsangeboten forscht und dokumentiert die Gedenkstätte die Geschichte der „Euthanasie“ in Lüneburg und Niedersachsen und unterhält Kontakte zu zahlreichen Angehörigen der Opfer. Ein zentraler inhaltlicher Schwerpunkt ist die „Kinderfachabteilung” Lüneburg, in der 1941 bis Kriegsende mindestens 350 Kinder aus ganz Norddeutschland getötet wurden. Daraus ergibt sich die überregionale Bedeutung der Gedenkstätte.
Kontakt
- E-Mail: info@gedenkstaette-lueneburg.de
- Telefon: +49 (0) 4131 – 60-20970 (i.d.R. Montag bis Freitag 8 bis 14 Uhr)
„Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg
Am Wienebütteler Weg 1
21339 Lüneburg