Biografien von Opfern der Deportationen aus Nordwestdeutschland zwischen 1941 und 1945

Die Deportationen in die Vernichtungslager bildeten im nationalsozialistischen Deutschland für verschiedene Bevölkerungsgruppen den Abschluss einer radikalisierten Diskriminierung und Entrechtung. Das Ziel war eine nach rassistischen Kriterien „reine Volksgemeinschaft“. Nur wenige der Verschleppten überlebten den Massenmord.

Die Biografien der Opfer aus Nordwestdeutschland zeigen den Prozess der stufenweisen Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Die prägnant gehaltenen Texte beantworten dabei nicht alle Fragen. Sie können aber als Ausgangspunkt für weitere Recherchen vor Ort dienen.

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Transport Osnabrück – Auschwitz 1. März 1943

Anna Schmidt

aus Osnabrück

1906 - 1943

Verfolgt als Sintizza

Tafel
Gedenktafel für die Osnabrücker Sinti am Marktplatz aus dem Jahr 1995. (Stadt Osnabrück, Referat für Medien und Öffentlichkeitsarbeit)

Über den Geburtstag und den Geburtsort von Anna Schmidt gibt es verschiedene Angaben. Ihr Mann Johann Weiß nennt den 7. März 1906 und Spreewitz, Kreis Rosenthal als Geburtsort. Der Internationale Suchdienst hat dagegen Neudorf registriert. Das Hauptbuch Auschwitz führt als Geburtsjahr 1907. Anna Schmidt war informell mit Johann Weiß verheiratet. Eine standesamtliche Ehe wurde ihnen in den 1930er Jahren zweimal aus „rassischen Gründen“ verweigert. Anna Schmidt lebte bis zu ihrer Deportation mit ihrem Mann und den drei gemeinsamen Kindern, den Zwillingen Karl-Heinz und Bertold Ferdinand (geb. 29. Oktober 1935) und Violetta (geb. 21. Februar 1942), in dem Mehrfamilienhaus Kamp 48. Ein Zimmer ihrer Wohnung war an die Familie Dusbaba untervermietet, die ebenfalls Sinti waren.

Am 1. März 1943 wurde die Familie Schmidt / Weiß wie die meisten anderen Osnabrücker Sinti von der Polizei und der Gestapo verhaftet. Sie wurden ihres Eigentums enteignet und über Minden, Hannover und Braunschweig mit weiteren Sinti aus Norddeutschland nach Auschwitz deportiert. Nach Angaben ihres Mannes starb Anna Schmidt im Sommer 1944 in Auschwitz an Fleckfieber und Violetta Schmidt am 1. April 1943. Das Hauptbuch Auschwitz nennt für Anna Schmidt dagegen den 24. Juli 1943 als Todesdatum. Auch die Zwillingssöhne sind dort umgekommen. Ihr Vater Johann hatte sie vor seiner „Verlegung“ nach Buchenwald zum letzten Mal gesehen. Unmittelbar nach Ende des Krieges schlug sich Johann Weiß bis zur polnischen Grenze durch, um nach seinen Söhnen zu suchen. Die verzweifelte Suche sollte jedoch erfolglos bleiben.

 

Autor: Büro für Friedenskultur, Osnabrück
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