Biografien von Opfern der Deportationen aus Nordwestdeutschland zwischen 1941 und 1945

Die Deportationen in die Vernichtungslager bildeten im nationalsozialistischen Deutschland für verschiedene Bevölkerungsgruppen den Abschluss einer radikalisierten Diskriminierung und Entrechtung. Das Ziel war eine nach rassistischen Kriterien „reine Volksgemeinschaft“. Nur wenige der Verschleppten überlebten den Massenmord.

Die Biografien der Opfer aus Nordwestdeutschland zeigen den Prozess der stufenweisen Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Die prägnant gehaltenen Texte beantworten dabei nicht alle Fragen. Sie können aber als Ausgangspunkt für weitere Recherchen vor Ort dienen.

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Transport Hannover – Riga 15. Dezember 1941

Claus Becher

aus Hannover

1926 - 2008

Verfolgt als Jude

Ehepaar
Claus und Martha Becher 1995 bei einem Deutschlandbesuch. (Repro LHH – ZeitZentrum Zivilcourage)

Klaus Becher wurde am 23. April 1926 in Hannover als Sohn des Viehhändlers Salli Becher (1878–1936) und seiner Frau Rosa, geb. Mendel (1883–1944) geboren. Er hatte noch zwei Brüder: Rolf (1912–1942) und Joachim Isaak (genannt Jochen, 1923–1942). Nach dem Tod des Vaters 1936 konfiszierten die Nationalsozialisten das Geschäft und die Bankkonten. Bald trug Klaus Becher als Laufbursche zum Familienunterhalt bei.

Anfang September 1941 wurde Klaus Becher zusammen mit seiner Mutter und seinen Brüdern im Rahmen der „Aktion Lauterbacher“ in das „Judenhaus“ Lützowstraße 3 in Hannover eingewiesen. Am 15. Dezember 1941 erfolgte die Deportation der gesamten Familie über die Sammelstelle in Ahlem und den Bahnhof Fischerhof in das Ghetto Riga.

Rolf Becher wurde am 18. März 1942 von der SS erhängt, weil er bei Letten ein Hemd gegen einen halben Laib Brot getauscht hatte. Es war der erste Mord dieser Art im Ghetto. Im Monat darauf kam der Bruder Jochen in Salaspils um. Im Juli 1944 wurde Rosa Becher im KZ Kaiserwald mit anderen Männern und Frauen nackt in einen Lkw gezwungen und in diesem außerhalb des Ghettos vergast.

Klaus Becher überlebte als einziges Mitglied seiner Familie die Deportation: Nachdem er in das Lager Stutthof verlegt worden war, gelangte er von Danzig auf eine Irrfahrt auf der Ostsee, bevor er im Mai 1945 in der Neustädter Bucht durch britische Soldaten befreit wurde.

Klaus Becher ging 1946 von Schweden aus in die USA und schrieb seinen Vornamen jetzt mit „C“. Er heiratete die Auschwitzüberlebende Martha Kadden und gründete eine Familie. Für Claus Becher, seine Mutter Rosa und seine Brüder Rolf und Jochen wurden im Jahr 2007 Stolpersteine am Engelbosteler Damm 2-2A in Hannover verlegt.

 

Autor: Landeshauptstadt Hannover – ZeitZentrum Zivilcourage
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