Biografien von Opfern der Deportationen aus Nordwestdeutschland zwischen 1941 und 1945

Die Deportationen in die Vernichtungslager bildeten im nationalsozialistischen Deutschland für verschiedene Bevölkerungsgruppen den Abschluss einer radikalisierten Diskriminierung und Entrechtung. Das Ziel war eine nach rassistischen Kriterien „reine Volksgemeinschaft“. Nur wenige der Verschleppten überlebten den Massenmord.

Die Biografien der Opfer aus Nordwestdeutschland zeigen den Prozess der stufenweisen Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Die prägnant gehaltenen Texte beantworten dabei nicht alle Fragen. Sie können aber als Ausgangspunkt für weitere Recherchen vor Ort dienen.

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Transport Hannover – Riga 15. Dezember 1941

Ernst Cohnheim

aus Hannover

1921 - 1945

Verfolgt als Jude

Akte
Erste Seite der Liste „Transport von 554 Häftlingen vom Außenkommando „Wille“ [Tröglitz] nach Bergen-Belsen“. (International Tracing Service, Bad Arolsen, Digitales Archiv 3393444#1)

Ernst Cohnheim wurde am 27. Mai 1921 in Hannover geboren. Sein Leben endete vermutlich Ende März oder Anfang April 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Der Leichnam wurde anonym in einem der Massengräber bestattet. Er starb wohl wie Zehntausende anderer Häftlinge an den von der SS verursachten Bedingungen. Seit Dezember 1944 diente Bergen-Belsen als Auffanglager zahlreicher Transporte geräumter Lager im Osten, was zu einer vielfachen Überbelegung führte. Die SS sorgte nicht um eine Anpassung der Infrastruktur und verursachte dadurch katastrophale hygienische Bedingungen sowie eine extreme Unterversorgung mit Nahrung, Kleidung und Unterkünften. Allein im März 1945 starben 18.000 Menschen an epidemischen Krankheiten, Unterernährung und brutaler Behandlung.

Vor seiner Ankunft in Bergen-Belsen hatte Ernst Cohnheim bereits einen langen Verfolgungsweg hinter sich. Mit seiner Schwester Bertel und seinen Eltern Auguste und Siegmund Cohnheim wurde er am 15. Dezember 1941 von Hannover nach Riga deportiert. Die SS transportierte ihn im August 1944 nach kurzem Aufenthalt im KZ Stutthof in das Außenlager Tröglitz/Rehmsdorf (Tarnname „Wille“) des KZ Buchenwald, wo er Zwangsarbeit für die Braunkohle-Benzin-AG leisten musste.

Den einzigen Beleg für die Ankunft Ernst Cohnheims in Bergen-Belsen bildet die handschriftliche Transportliste, wonach er mit mehr als 550 männlichen Häftlingen von Tröglitz Mitte März 1945 in das KZ Bergen-Belsen gebracht wurde. Hier starb er nicht weit von seinem Geburtsort entfernt.

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Seite 8 der Liste „Transport von 554 Häftlingen vom Außenkommando „Wille“ [Tröglitz] nach Bergen-Belsen“, Eintrag Ernst Cohnheim bei laufender Nummer 386. Er hatte im KZ Buchenwald die Haftnummer 82249. (International Tracing Service, Bad Arolsen, Digitales Archiv 3393444#2)

 

Autor: Bernd Horstmann, Gedenkstätte Bergen-Belsen
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