Biografien von Opfern der Deportationen aus Nordwestdeutschland zwischen 1941 und 1945

Die Deportationen in die Vernichtungslager bildeten im nationalsozialistischen Deutschland für verschiedene Bevölkerungsgruppen den Abschluss einer radikalisierten Diskriminierung und Entrechtung. Das Ziel war eine nach rassistischen Kriterien „reine Volksgemeinschaft“. Nur wenige der Verschleppten überlebten den Massenmord.

Die Biografien der Opfer aus Nordwestdeutschland zeigen den Prozess der stufenweisen Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Die prägnant gehaltenen Texte beantworten dabei nicht alle Fragen. Sie können aber als Ausgangspunkt für weitere Recherchen vor Ort dienen.

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Transport Hannover – Riga 15. Dezember 1941

Hilde Schneider

aus Hannover

1916 - 2008

Verfolgt als Jüdin

Krankenschwester
Hilde Schneider (Mitte) als junge Diakonisse, ca. 1935. (Repro LHH – ZeitZentrum Zivilcourage)

Hilde Schneider wurde am 12. November 1916 in Hannover geboren und als Hilde Charlotte evangelisch getauft. Die Eltern Paul und Else Schneider stammten aus Breslau, der Vater hatte in Hannover eine Arztpraxis eröffnet. Hilde Schneider erfuhr erst spät und allmählich von ihrer jüdischen Herkunft. Weil diese ein Medizinstudium unmöglich machte, trat sie 1935 als „Vorprobeschwester“ in das Diakonissenmutterhaus Henriettenstift ein. Dort wurde ihr Ende 1938 die Auswanderung nahegelegt. Enttäuscht verließ Hilde Schneider das Stift und beendete ihre Ausbildung im Jüdischen Krankenhaus Ellernstraße. Im Mutterhaus besuchte sie weiterhin den Gottesdienst, bis sie Ende 1941 Hausverbot erhielt.

Am 15. Dezember 1941 wurde Hilde Schneider in das Ghetto Riga deportiert. Dort arbeitete sie als Krankenschwester, fühlte sich jedoch völlig isoliert und überlebte nur durch Lebensmittelgeschenke von Patienten. Nach verschiedenen Lagern und Arbeitskommandos erreichte sie, durch Rheuma und Typhus geschwächt und von anderen Häftlingen auf einem Proviantschlitten gezogen, im Februar 1945 in sowjetisch besetztem Gebiet die Freiheit. Rückhalt fand Hilde Schneider die gesamte Zeit über in ihrer Bibel, die sie von Hannover nach Riga und zurück immer bei sich trug.

Zurück in Hannover, lehnte Hilde Schneider ein Angebot des Henriettenstifts ab, wieder dort zu arbeiten. Sie studierte Theologie und war bis zu ihrer Pensionierung Gefängnispfarrerin. Sie verstarb 2008 und ist in Hannover-Kirchrode beerdigt. 2015 wurde in Hannover die Elkartallee in Hilde-Schneider-Allee umbenannt. Durch diese Straßenumbenennung und den 2014 in der Hinüberstraße 14 verlegten Stolperstein findet das Gedenken an Hilde Schneider in Hannover einen öffentlichen Rahmen.

Hilde Schneider, ca. 2000. (Privatbesitz Hilde Schneider)

Hilde Schneider, ca. 2000. (Privatbesitz Hilde Schneider)

 

Autor: Landeshauptstadt Hannover – ZeitZentrum Zivilcourage
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